Kreis Freudenstadt - Tageseltern sind gefragter denn je. Im Landkreis Freudenstadt wird daher dringend Nachwuchs benötigt. Doch wie sieht der Alltag einer Tagesmutter aus? Susanne Münstermann aus Glatten gewährt in unserem Artikel einen kleinen Einblick in ihren Alltag.
Mehr Unterstützung wäre schön
Schwarzwälder Bote, 17.05.2022
Die Geehrten mit der neuen Vorsitzenden Annick Grassi (links) und Paul Huber (rechts). Bild: Monika Schwarz
Der Kampf um eine Besserstellung der Tageseltern ist noch nicht beendet, wie auf der Hauptversammlung des Tageselternvereins deutlich wurde.
Das Interesse der Tageseltern und der Mitarbeiter des Vereins war so groß, dass man die Versammlung unter der Leitung der neuen Vorsitzenden Annick Grassi und ihres Stellvertreters Paul Huber kurzfristig in den großen Sitzungssaal des Landratsamts verlegen musste. Als Vertreterin der Stadt Freudenstadt lobte Bürgermeisterin Dr. Stephanie Hentschel die „flexible und qualifizierte“ Kindertagespflege, die der Tageselternverein seit über 25 Jahren im Landkreis anbiete. Dies ermögliche den Eltern Flexibilität und trage zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei.
Die Tageseltern ergänzten das Betreuungsangebot nicht nur, sondern schließen eine große Lücke: Der Wert kleiner dezentraler Betreuungseinheiten der Kindertagespflege sei unter Pandemiebedingungen besonders deutlich geworden. Eine Herausforderung sei derzeit das geforderte Gewalt-bzw. Kinderschutzkonzept, das auch Tageseltern betreffe – wenn auch bisher nur als Empfehlung. Formale Anforderungen nähmen neben den pädagogischen Anforderungen an die Tätigkeit stetig zu, die Unterstützung durch den Tageselternverein sei deshalb wichtig.
Patrick Seidler, der neue Sachgebietsleiter für das Kindergartenwesen in Horb, stellte sich kurz vor. Ein „großes Dankeschön“ für den Verein und die Tageseltern gab es auch von Birgit Bester, der stellvertretenden Amtsleiterin im Jugendamt.
Paul Huber informierte über personelle Veränderungen im Verein und besonders die reibungslose Vorstandsübergabe von Rosenberger auf Grassi. Er präsentierte auch die aktuelle Raumsituation: Dis bisherigen Räume in der Schul- und Bahnhofstraße in Freudenstadt seien unter Coronabedingungen zu eng geworden, weshalb man neue Räumlichkeiten suche. Aktuell stünden geeignete Räume in Loßburg – Akademie EigenSinn und Kinderheim Rodt – sowie in Horb bei der Firma Infinex zur Verfügung.
2021 wurden 640 Kinder von 100 Tagespflegepersonen betreut. Die Zahl der Betreuungspersonen in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Eine Honorierung im Bereich des Billiglohnsektors sei eben nicht sonderlich motivierend, sagte Huber dazu. Am 31. Dezember 2021 wurden exakt 349 Kinder von 77 Tagespflegepersonen betreut. Seit Januar dieses Jahres ist die Zahl der unter-Dreijährigen in der Betreuung um 22 gestiegen.
Huber berichtete zudem von den besonderen Herausforderungen während der Pandemie – Notbetreuung, Maskenpflicht, Testpflicht und wechselnde Coronaverordnungen sowie neue Kommunikationswege – und von der Erhöhung der Unterrichtseinheiten bei der Qualifizierung zur Tagespflegeperson auf 300; dies steigere die Qualität.
Für bereits qualifizierte Kindertagespflegepersonen ist eine Aufbauqualifizierung von 140 Unterrichtseinheiten vorgesehen. Hinzu kommen jährliche Fortbildungen über 20 Unterrichtseinheiten zu Themen wie Kindeswohl, Kinderrechte und Kinderschutz. Die Erweiterung der Qualifizierung folgt dem „ kompetenzorientierten Ansatz“, für dessen Vermittlung und Befähigung Multiplikatoren – Paul Huber, Manuela Bühl und Magdalena Röhrig-Zanocco – geschult wurden.
Auch Mitarbeiterinnen des Tageselternvereines haben sich mittels Schulungen auf die neue Aufgabe vorbereitet. Mindestens 50 der 300 Unterrichtseinheiten müssen die künftigen Tageseltern vor Aufnahme der Tätigkeit absolvieren, der Rest folgt begleitend. Die Qualifizierung startet jeweils im Frühjahr und Herbst mit einem dreiwöchigen Ausbildungsblock von jeweils 8.30 bis 12.30 Uhr.
Die finanzielle Seite
Huber stellte an Fallbeispielen das nach wie vor niedrige Entgelt für die Tagespflegeeltern dar. Zwar wurden die Geldleistungen im Kreis zwischenzeitlich auf 6,50 Euro pro Kind und Betreuungsstunde erhöht, empfohlen seien aber 9,50 Euro. Eine erste Gesprächsrunde dazu ist für 19. Mai anberaumt; dass 9,50 Euro am Ende als Ergebnis stehen, wagt Huber nicht zu hoffen, wie er sagte.
Ein weiteres Problem: Erscheine ein angemeldetes Kind nicht zur Betreuung, werde auch nichts bezahlt. Gerechter sei nach Hubers Meinung eine „Platzpauschale“ – allein für die Bereitstellung des Betreuungsplatzes; ähnlich werde es in Kindergärten gehandhabt. Weiter fordert der Landesverband der Kindertagespflege gehört die Finanzierung eines verlässlichen Vertretungssystemes.
Anschließend berichteten Tagespflegepersonen von ihren positiven Erfahrungen mit der Qualifizierung, aber auch mit der Tätigkeit insgesamt. Susanne Schnürle präsentierte den Kassenbericht des Vereins. Nicht zuletzt dank der Spenden und der Förderung sowie der Mittel vom Land über das „Gute-KiTa-Gesetz“ wurde in der Summe ein positives Ergebnis von knapp 71000 Euro erzielt und in das Jahr 2022 übertragen.
In seinem Ausblick informierte Huber über das geplante Grillfest am 25. Juni und das Stadtradeln zwischen dem 26. Juni uns 16. Juli mit einem Team der Kindertagespflege sowie über die anstehenden Qualifizierungs- und Fortbildungstermine. Die Fortbildungskosten für die „Erste Hilfe am Kind“ übernehme seit 2021 die Unfallkasse Baden-Württemberg.
Ehrungen
Verdiente Mitglieder: Susanne Beck, Marianne Grimm-Gicklhorn, Christina Pauline Groß, Yvonne Hammer, Sabrina Heidenwang-Fleig, Prisca Huss, Sandra Kirberg, Ursula Kolley, Gisela Krötz.Gabriele Maier, Sabrina Niggel, Petra Schaible, Nelli Schall, Brigitte Scholz, Daniela Steinhilber, Cordula Walter.
Langjährige Kindertagespflegepersonen: Emilie Aniskewitz, Marika Haberer, Karin Krauth, Sabine Wein.